Eine Charta, die Freiburg auf die Teller bringt
08.02.2022

Eine Charta, die Freiburg auf die Teller bringt

Regional kochen


Eine Charta, die Freiburg auf die Teller bringt

Christelle Grangier

Die Freiburger Gemeinschaftsgastronomie setzt mit dem Ansatz Regional kochen auf Nachhaltigkeit. Das Projekt wird von Terroir Fribourg koordiniert.

 

Die Gemeinschaftsgastronomie im Kanton ist voll im Aufbruch! Immer mehr Freiburger Produkte kommen auf die Karten der Restaurants, die als Partnerbetriebe die freiwillige Charta Regional kochen unterzeichnet haben. Der Ansatz steht im Zeichen der Nachhaltigkeit und setzt auf eine qualitativ hochstehende, abwechslungsreiche und saisonale Ernährung, mit der gleichzeitig die Arbeit der Produzenten im Kanton und die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten gefördert werden.

 

Freiburger Produkte kaufen

 Die Haltung der Öffentlichkeit gegenüber der Ernährung ist im Wandel begriffen. Während noch vor ein paar Jahren kaum jemand danach fragte, ist die Herkunft der Lebensmittel heute ein entscheidender Faktor für die Konsumentinnen und Konsumenten. Es war kaum bekannt und wurde nicht hinterfragt, dass Freiburger Läden Brot aus Genf kommen liessen, Geflügel aus Brasilien anboten oder Honig aus Ungarn. 2014 reichten die beiden Grossräte Romain Castella und Ruedi Schläfli eine Motion ein, in der sie die Berücksichtigung von Freiburger Produkten in der Gemeinschaftsgastronomie forderten. 2018 schrieb der Grossrat die Verwendung von nachhaltigen und in der Region produzierten Produkten im Landwirtschaftsgesetz fest[1].

 

Unterzeichnung der ersten Charta am 18. Juni 2021 im Foyer des Bonnefontaines, Freiburg. 

 

Eine Charta für die Gemeinschaftsgastronomie

 Die Umsetzung dieses politischen Willens nahm Gestalt an in der Strategie Nachhaltige Entwicklung des Kantons Freiburg 2021-2031 und der kantonalen Strategie zur Gesundheitsförderung und Prävention. Der Staatsrat verabschiedete im Juni 2021 eine Charta mit dem Namen Regional kochen. Träger der Charta sind die Direktion der Institutionen und der Land- und Forstwirtschaft (ILFD), die Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion (RUBD) und die Direktion für Gesundheit und Soziales (GSD). Terroir Fribourg begleitet die Umsetzung und reibungslose Durchführung des Projekts zusammen mit vier weiteren Partnern der Charta: Grüne Gabel Freiburg, GastroFribourg, Grangeneuve und Beelong.

 

Christian Folly, genau der richtige Mann

 Auf Seiten von Terroir Fribourg ist es Christian Folly, der zusammen mit Grüne Gabel Freiburg die Betriebe bei der Umsetzung der Charta unterstützt. Mit einer Kochausbildung und 30 Jahren Erfahrung in der Gemeinschaftsgastronomie ist er genau der richtige Mann für diese Aufgabe; er spricht die Sprache der Küche und kennt die Berufsrealität. «Wir verstehen uns jeweils sehr rasch», lächelt der aus Treyvaux stammende Koch- und Küchenkenner, für den es eine Selbstverständlichkeit und gleichzeitig stetige Motivation ist, Freiburger Produkte und Produzenten in den Vordergrund zu stellen. Selbst aus dem Umfeld der Gemeinschaftsgastronomie stammend, wünscht er sich, dass diese die Wertschätzung des Publikums geniesst und dass die kreative Arbeit der Berufsleute geschätzt wird. «Der Alltag schaut anders aus als in der öffentlichen Gastronomie, die Bedürfnisse einer oft gleichgearteten Kundschaft auf Dauer zu befriedigen, ist eine Herausforderung.»

 


Besser freiwillig als unter Zwang

Die Charta Regional kochen setzt auf eine völlig freiwillige ethische Grundhaltung in der Küche. Die Unterzeichner setzen sich ein für «good practices», so werden frische und in der Region produzierte Lebensmittel verwendet, es werden nachhaltige Produkte bevorzugt und es wird darauf geachtet, dass keine Lebensmittelverschwendung passiert, dass Energie gespart und eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung angeboten wird. Die Charta wurde übrigens stark inspiriert von der Praxis, die der Kanton Wallis vor sechs Jahren eingeführt hatte. Weitere Westschweizer Kantone zeigen sich an diesem Ansatz sehr interessiert, «die ersten Kontakte verliefen sehr positiv und ich habe grosse Hoffnung, dass sich uns weitere Kantone anschliessen werden», verrät Christian Folly.

 

Vorteile für die Partnerbetriebe

Den interessierten Betrieben stehen verschiedene Beitrittsoptionen zu Regional kochen offen. In einem ersten Schritt nimmt Christian Folly anhand der in der Charta aufgeführten Punkte vor deren Unterzeichnung eine Bestandsaufnahme vor. In einem zweiten Schritt hat der Betrieb die Wahl, das Label «Grüne Gabel» zu beantragen. Ist das der Fall, tritt das Freiburger Büro des Vereins auf den Plan und setzt den entsprechenden Prozess in Gang. Falls dies nicht der Fall ist, führt Terroir Fribourg seine Begleitung fort (wie das bei sämtlichen Unterzeichnenden der Fall ist). Neben der durch Beratungen ergänzten jährlichen Bestandaufnahme werden die Unterzeichnenden eingeladen, Fortbildungen zu besuchen, bei denen gewisse Aspekte der Charta vertieft werden. Sie können zudem – in einem jährlichen Turnus – von einer Ökobilanz und einer Analyse der Auswirkungen ihrer Lebensmittelkäufe profitieren. Die Bilanz und die Analyse werden vom Projektpartner Beelong geliefert.

 

Unterzeichnung der Charta durch das Unternehmen BG Gastronomie am 20. Januar 2022. 


Die Betriebe machen mit

 Im Kanton Freiburg sind rund hundert Betriebe in der öffentlichen oder halböffentlichen Gemeinschaftsgastronomie tätig. Sie servieren jedes Jahr um die 7,5 Millionen Mahlzeiten, die Hälfte davon in Altersheimen, die Mitglied der Vereinigung freiburgischer Alterseinrichtungen (VFA) sind. Spitäler, Kliniken, Gefängnisse, Schulen und Restaurants der Staatsdienste ergänzen das Bild. Die Charta wurde vorerst von fünf Pilot-Betrieben unterzeichnet: Drei Restaurants der Universität Freiburg sowie jenes von Grangeneuve und das Restaurant der Résidence des Bonnefontaines in Freiburg. Im Januar 2022 ist nun auch noch die BG Gastronomie aus Bossonnens zu Regional kochen gestossen. Das Vivisbacher Unternehmen bereitet jeden Tag 4000 Mahlzeiten zu, die an Schulen im Süden des Kantons Freiburg geliefert werden: Die OS Bulle, die OS Riaz, die OS La Tour-de-Trême, das Collège du Sud Bulle sowie die Zentralküche von Bossonnens und die deutschsprachige OS Freiburg (DOSF). In näherer Zukunft (2022) ist vorgesehen, dass weitere grössere Partner – Stiftungen. Altersheime, Gemeinden – zur Bewegung stossen. Diese Beitritte freuen Christian Folly, der sich für die Zukunft der Charta zuversichtlich gibt: «Ich hege überhaupt keinen Zweifel, dass die Gemeinschaftsgastronomie, die bei diesem Vorhaben begleitet wird, eine starke Trumpfkarte ausspielen kann. Und ich bin überzeugt, dass die Beziehung zu den Küchenchefs, ihrer Brigade und den Direktoren authentisch sein und auf Leidenschaft aufbauen muss. Ihnen allen gebührt mein Dank!»

[1] LandwG Art.3, Abs.1 g-i