Diese Quinoa muss sich nicht verstecken - Ferme des Pierres Villargiroud
14.07.2022

Diese Quinoa muss sich nicht verstecken

La Ferme des Pierres, Villargiroud


Diese Quinoa muss sich nicht verstecken

Christelle Grangier

Der Hof «Des Pierres» in Villorsonnens setzt auf Diversifizierung und erweitert seine Produktion um Nischen-Getreide.

 

Die Familie Chassot verzeichnet einen wachsenden Erfolg mit dem Direktverkauf von Produkten, die nur selten in unserer Region angebaut werden. Seit 2018 haben Baptiste und Samuel Chassot die Produktion Ihres Hofs «Des Pierres» in Villargiroud um Dinkel, Quinoa, Buchweizen, Nackthafer und Kichererbsen erweitert. Ein Glückfall für die Konsumentinnen und Konsumenten und für die Landwirtschaft von morgen!
 

Milch, Fleisch, Getreide

Der Hof «Des Pierres» ist zunächst einmal ein traditioneller Betrieb mit Milchkühen und Aufzuchttieren. Geführt wird der Hof von Jean-Claude Chassot und dessen Sohn Baptiste. Samuel, der jüngere von zwei Söhnen, hat denselben Werdegang hinter sich wie sein Bruder: EFZ als Landwirt, Maturität, dann Berufsprüfung und Meisterprüfung als Agro­techniker, trägt aber auf eine andere Weise zum Familienunternehmen bei. Baptiste und er haben sich auf einem Teil des 55 ha grossen Betriebs an die Produktion von alternativen Getreidesorten gemacht und eine eigene Marke ins Leben gerufen, La Ferme des Pierres. 2020 haben die beiden Brüder dann einen Direktverkauf auf ihrem Hof in Villargiroud lanciert. Dort werden neben Rind-, Kalb- und Schweinefleischfleisch auch die auf den Feldern angebauten Getreide und weitere ausgewählte Produkte von befreundeten Bauern verkauft.

 

 

Die Andenhochebene am Gibloux

Die Idee, den Getreideanbau zu diversifizieren, spukte schon länger in den Köpfen der beiden Brüder herum, die für den Direktverkauf ein exklusives Produkt ins Sortiment nehmen wollten. Zuerst haben sich Baptiste und Samuel an die Quinoa gemacht, obwohl in der Schweiz bislang erst wenige Versuche mit diesem Getreide gewagt worden waren. Aus botanischer Sicht gehört Quinoa zur Familie der Pseudogetreide, die zwischen Getreide und Süssgras anzusiedeln sind. Quinoa wird in Südamerika bereits seit 5000 Jahren angepflanzt, die Eroberer nahmen es allerdings im 16. Jahrhundert noch nicht mit nach Europa, sie bevorzugten Lebensmittel mit mehr Geschmack wie Tomaten, Kartoffeln oder Mais. Die Getreidehülse von Quinoa enthält viel Saponin, was ihr eine gewisse Bitterkeit verleiht. Das mag der Grund gewesen sein, dass das Getreide vorerst schlechte Karten hatte. Seit etwa zehn Jahren hat sich Quinoa dank ihrer positiven Eigenschaften in der Ernährung weltweit durchgesetzt. Sie ist reich an Proteinen, Aminosäuren und Mineralsalzen, zudem enthalten die Körner kein Gluten.
 

Herausforderungen für die Freiburger Quinoa

Die Familie Chassot baut bereits Gerste, Weizen, Raps und Mais an, aber auf den Abhängen des Gibloux in der Glâne Quinoa zum Wachsen zu bringen, stellte eine agronomische Herausforderung dar. Die lateinische Bezeichnung für Quinoa – Chenopodium quinoa – lässt Getreide und Randenanbauer die Stirne runzeln: Lockt man mit dem Anbau eines entfernten amerikanischen Verwandten des weissen Geissfusses nicht den Wolf ins Schafgehege? Als die beiden Brüder 2018 mit dem Anbau begannen, waren die Versuche, die bisher in der Schweiz unternommen worden waren, schlecht dokumentiert. «Wir mussten uns an Kulturen orientieren, welche dieselben Bedürfnisse aufweisen, insbesondere was die Grunddüngung anbelangt», erinnert sich Samuel. Die beiden Brüder entschieden sich schliesslich dafür, keine Pestizide zu verwenden. Und schon die erste Ernte war ein Erfolg!

 


Die Investitionen im Griff

Quinoa wird zwischen Ende August und Mitte September geerntet. Die Ernte erfolgt mit einem herkömmlichen Mähdrescher, was bei der Wahl der Kultur für die Familie Chassot ein ausschlaggebendes Kriterium war. Einmal geerntet, werden die Körner sortiert, enthülst und anschliessend erneut sortiert. Dieser Vorgang erfolgt rein mechanisch. Die – bescheidene – Grundinvestition hat gleichzeitig die Sortiermaschine und den Teil Verpackung finanziert. Die beiden Brüder wünschten sich von Beginn weg eine starke Identität und ein klares, wiedererkennbares Image für ihre Marke und für den Direktverkauf. Die Herausforderung wurde von der Ferme des Pierres bewältigt, die seit 2020 pro Saison 1,5 Tonnen Freiburger Quinoa produziert, die in Villargiroud und in verschiedenen Dorfläden sowie im Direktverkauf bei anderen landwirtschaftlichen Betrieben verkauft werden. Einmal gekocht, kann Quinoa sowohl kalt als Salat oder auch warm genossen werden. Um zu verhindern, dass die Körner bitter werden, ist es ratsam, sie vor der Verarbeitung ein paar Minuten einzuweichen und anschliessend ausgiebig zu abzuspülen.
 

Weitere Nischen-Getreide

Nach dem erfolgreichen Versuch mit Quinoa im Jahr 2018 erweitern Dinkel und Buchweizen, zwei zu Mehl verarbeitbare Getreide, das Angebot im Direktverkauf. Im Folgejahr ergänzte Familie Chassot ihre Produktion noch um Nackthafer. Das Getreide verdient übrigens seinen Beinamen «Haferreis», es sieht nämlich Wildreis zum Verwechseln ähnlich. Mit dem Hafer haben Baptiste und Samuel Chassot auf eine Getreidesorte gesetzt, die viele Vorteile aufweist. Sie ist kaum anfällig für Pilze, und ihr Anbau ist einfacher als der traditionellerweise angebaute Spelzhafer, ist doch die Getreidehülse des Nackthafers feiner gebaut als jene des Spelzhafers und fällt beim Dreschen ab. Die Nacktkörner werden gekocht wie Vollreis, dies während ca. vierzig Minuten. Der Haferreis ist ein wertvolles Nahrungsmittel, das zehnmal mehr Fasern und zweimal mehr Proteine enthält als weisser Reis.

 


Die Möglichkeiten ausloten

2022 wird die Ferme des Pierres ihr Angebot mit Kichererbsen abrunden. Aus landwirtschaftlicher Sicht bietet die Pflanze erhebliche Vorteile, sie bindet Stickstoff und reichert den Boden im Hinblick auf die folgende Kultur an, zudem sind Kichererbsen genügsam, was Wasser anbelangt. Es ist zudem vorgesehen, Hanföl im Direktverkauf anzubieten. Der Laden auf der Ferme des Pierres ist täglich und rund um die Uhr geöffnet. Schon bald wird eine Website online gehen, mit der das Bestellen von Fleisch in Vierteln einfacher wird.

 

Produzenten-Seite: La Ferme des Pierres